Es begann mit einer „Einladung zur Gründung
eines Reit-und Fahrvereins" an alle Reiter- und Pferdefreunde. Darin war zu lesen,
was man sich als oberste Ziele des zu gründenden Vereins vorgenommen hatte. An erster Stelle stand der Wunsch nach echter Reiterkameradschaft, deren Voraussetzungen die Bereitschaft
Verantwortung zu übernehmen, Zusammenarbeit und Einsatzwillen sind. Als Zweites wollte man sich schon damals vornehmen, die spätere Reitanlage auch für Nicht-Mitglieder jederzeit
zugänglich zu machen und sich nicht vom öffentlichen Leben zu isolieren. Als eigentlichen Kernsatz stellte man heraus, dass der einzige und wirkliche Mittelpunkt des Vereins immer
das Pferd sein solle.
Das Programm, das man sich für den aktiven Sport vorgenommen hatte, umfasste den Turniersport, das Gelände- und Jagdreiten, die Voltige und den Fahrsport. Jeder einzelne, der sich für diesen Gedanken begeistern konnte, war sich darüber im Klaren, welch große Pionieraufgabe da auf ihn zukam. Die Mitteilung, dass Vorplanungen für eine eigene Reitanlage bereits eingeleitet seien und dass die Stadt Böblingen schon ein Gelände in Aussicht gestellt habe, stimmte aber allgemein froh.
Am 21. Mai 1968 wurde der Reit- und Fahrverein Böblingen aus der Taufe gehoben. Die Gründungsversammlung fand im Gasthof zum Bären statt. Etwa 65 Interessenten waren der schriftlichen Einladung zur Gründung des Vereins gefolgt. Dr. Fritz Raich begrüßte die Anwesenden. Sein besonderer Gruß galt Oberbürgermeister Brumme, Verwaltungsrat Mangold, Konsul Widmaier aus Ehningen, den Reiterkameraden aus Herrenberg und der Presse.
Auf dieser Versammlung wurde der Vorstand des Vereins, die einzelnen Spartenleiter und die notwendigen Ausschußmitglieder gewählt. I.Vorsitzender wurde Dr. Fritz Raich, 2. Vorsitzender Gottlob Jehle, das Amt des Schriftführers übernahm Professor Peter Lindemann, das Amt des Schatzmeisters H. J. Siemon und als weiteres Vorstandsmitglied wurde Peter Kirn gewählt.
Einer der wichtigsten zu bildenden Ausschüsse war der Bau- und Finanzierungsausschuß. Er sollte auch die meiste Arbeit bekommen. Mitglieder wurden Eckart Hörmann, Martin Schaybe, Karl-Heinz Schlecht, Wolfgang Schweikle, F. Reich sen., Werner Reinhardt, Ernst Ebner, Richard Spahlinger und Joachim Voigt.
Als Beirat wurde Paul Schlecht gewählt und beratende Funktion bekam Otto Rahmer. Einstimmig wurde Oberbürgermeister Brumme zum Ehrenvorsitzenden des Vereins gewählt.
… und der neugegründete Reitverein hatte gleich zu Beginn eine Menge Schwierigkeiten zu meistern. Die Gründung war nicht überall auf Wohlwollen gestoßen, und innerhalb von drei Tagen mußte für die Böblinger Pferde eine neue Unterkunft gesucht werden. Als Retter in der Not erwies sich Bruno Hüttmann vom Privatstall Hanseatenhof in Maichingen. Er bot spontan seine Hilfe an, und die Pferde Baccarat, Locarno und Diamant konnten vorübergehend in Maichingen untergebracht werden.
Beim Frühjahrsturnier 1968 in Gültstein eröffnete sich plötzlich die unerwartete Aussicht, bald einen eigenen Reitbetrieb aufzunehmen. Durch Erwin Hildenbrand boten die Gültsteiner den Böblingern ihre neu erbaute Halle zur Mitbenutzung an. Von dem Angebot wurde natürlich gerne Gebrauch gemacht, und bald wurden die ersten Böblinger Reitstunden gegeben. Die Pferde wurden bei Kurt Maier sen. und Herrn Schmid sen. eingestellt, und die größten Sorgen waren für's Erste beseitigt. Der Böblinger Pferdebestand wuchs mit der Zeit natürlich beträchtlich an, so daß in Gültstein der Platz manchmal knapp wurde.
Zum Schluß waren dort insgesamt 10 Pferde untergebracht. Im Stall Schmid standen Baccarat, Felix, Amigo, Jusi, Periander und Ceylon, so daß sogar Latus von Rolf Schmid seine Box räumen und in den Kuhstall umsiedeln mußte. Bei Kurt Maier standen Locarno, Dornnest, Dr.Watt und Bubi. Als Vorhut waren Sylvia von Fr. Mattem und Pollux von Forstamtmann Spahlinger schon in Böblingen.
Mit der Gründung des Vereins wurde auch der Kauf des ersten Schulpferds akut. Die Böblinger Sachverständigenkommission entschied sich in Stade für Freifee, eine 7jährige Hannoveraner Staatsprämienstute bester Abstammung (von Ferdinand aus einer Stute von Freischerler).
Sie kam im Juli 68 nach Böblingen und wurde im Rahmen einer Hallenreitveranstaltung in Gülstein vorgestellt. Nach der symbolischen Taufe durch Frau J. Schlecht, wobei der Sekt durchaus nicht Freifees Zustimmung bekam, wurde ihr „zum Trost" ein Bouquet überreicht, wie sich das bei einer Dame so gehört; es war ein Bund gelber Rüben.
Freifee war im Böblinger Reitverein etwa 1000 Stunden im Einsatz, und zwar beim Einzelunterricht, in der Abteilung und ein Jahr sogar als Voltigierpferd. Darüber hinaus war sie auch mit auf Gut Schönberg und nahm an vielen Turnieren und Jagden teil. Da vor allem Anfänger auf Freifee geritten sind, freuten wir uns über jede Plazierung doppelt.
Als Freifee am 28. Januar 70 morgens tot im Stall gefunden wurde, war die Trauer besonders unter den Anfängern sehr groß, denn mancher verdankt es ihr, daß er jetzt einigermaßen sicher im Sattel sitzt. Sie hatte die ganzen Strapazen mit bewundernswerter Geduld und Ausdauer gemeistert.
Seinen Einstand gab der Reit- und Fahrverein beim Böblinger Reitertag. Dieses erste öffentliche Auftreten in der Heimatstadt fand am 22. 9. 1968 auf dem Gelände „Tiergarten" statt. Der Zweck war, einmal der Öffentlichkeit Reitsport zu demonstrieren und zu beweisen, dass der junge Verein Aktivität und Initiative besitzt.
Der Wettergott war gnädig, tags zuvor hatte es geregnet, aber an diesem Sonntagnachmittag schien dann doch die Sonne. Wenn das kein gutes Omen war! Dr. Fritz Raich eröffnete den Reitertag, zu dem 2000 Zuschauer, darunter viel Prominenz, gekommen waren.
Das Programm zeigte Reitsport in allen Variationen: Dass Reiten an keine Altersgrenze gebunden ist, bewiesen die Junioren und Senioren. Die Kleinsten präsentierten sich beim Voltigieren. Ulrike Hettenbach war mit ihren Schützlingen aus Heilbronn gekommen. Erwin Hildenbrand aus Gültstein gewann auf Askan das Seniorenspringen um den Preis der Volksbank Böblingen. Ein Springen der Klasse A um den Preis des Landkreises Böblingen und ein Springen mit Stechen um den Preis der Stadt Böblingen (beide Siege errang Kurt Ritz, Wildbad, auf Liebermann) zeigten, wie hart eine reitsportliche Konkurrenz sein kann.
Für Unterhaltung sorgten eine Quadrille mit 16 Pferden, ein Reiterspiel, die „Ungarische Post" mit Oskar Seitter (wer hätte in ihm damals unseren späteren Reitlehrer vermutet?), eine Ponyverlosung und die Stadtkapelle mit der Uraufführung des Böblinger Reitermarschs.
Höhepunkt des Reitertags war die Übergabe der Standarte. Damit wurde zugleich das Emblem des Vereins vorgestellt, das von Alfred Knoll entworfen wurde. Die Standarte ist eine Stiftung der Firma Krauss&Co, Böblingen, die außerdem noch fünf Satteldecken in Aussicht stellte. Viele Böblinger Geschäftsleute hatten dazu beigetragen, dass eine Menge schöner Ehrenpreise auf die Platzierten wartete und dass die Tombola so attraktiv war. Der erste Reitertag war für die Beteiligten und die Zuschauer ein voller Erfolg und sicher auch eine ausgezeichnete Werbung für den Pferdesport.